Dank meiner Frau besitzen wir eine beachtliche Büchersammlung der FSF-Ikone Marion Zimmer Bradley. Es gibt meines Wissens kein Buch der Autorin, das mein Ehegespons nicht mindestens einmal gelesen hat. Vor allem die Darkover-Saga hat es ihr angetan. So überkommt es auch mich von Zeit zu Zeit, ein Buch dieser bekannten Schriftstellerin zu lesen. Doch dieses Mal entschied ich mich für eine Kurzgeschichtensammlung, bei der MZB lediglich als Herausgeberin fungiert, die eine Einleitung und Kurzporträts der beteiligten Autorinnen und Autoren beisteuert.
Der Inhalt
Beachtliche 29 Fantasy-Geschichten werden dem Leser in diesem 336 Seiten umfassenden Fischer-Taschenbuch präsentiert. In all diesen Geschichten spielen starke und kämpferische Frauen die Hauptrolle, die sich in einer feindseligen und kriegerischen Welt zurechtfinden. Zu Beginn jeder Story stellt MZB die Autorinnen (und Autoren – von denen es zumindest drei gibt) mit einer kleinen Anekdote vor.
Zu wenig für so viel Lobhudelei
Auf alle Geschichten in diesem Buch eingehen zu wollen, würde den Rahmen einer solchen Buchkritik verständlicherweise sprengen. Außerdem kann ich mich inzwischen an einige davon bereits nicht mehr erinnern. Selbst als ich beim Schreiben dieses Textes noch einmal die eine oder andere Passage las, fiel es mir schwer, den Rest der Handlung aus den Tiefen meines Gedächtnisses wieder hervorzuzaubern. Dafür waren es einfach zu viele und – hier tritt dann auch eines der Hauptprobleme bei diesem Buch zutage – ein großer Teil war schlicht zu belanglos.
Dennoch erging sich MZB in hochtönenden Lobliedern zu den jeweiligen Schreibenden, die ich nach der Lektüre vieler Geschichten oft nicht nachvollziehen konnte. Sicher, es gab auch gute Geschichten. Vor allem jene, die sich ein wenig ab der üblichen, ausgetretenen Fantasy-Pfade bewegten, sorgten durchaus für Unterhaltung. Das Bauernmädchen Ether beispielsweise, die nicht einsehen will, dass sie nur ein Bauernmädchen ist, wo sie doch glaubt, eine große Zauberin zu sein (»Ether und der Skeptiker« von Katy Huth Jones). Auch die Geschichte von Dain und Kenna macht Spaß, die sich in einer Kneipe mit ein paar Söldnern anlegen (»Von Männern und Frauen« von Vicki Kirchhoff). Sehr originell und mit einer schönen Botschaft kommt auch »Die Robe« von Patricia Duffy Novak daher.
Insgesamt fiel es mir allerdings schwer, bei der Stange zu bleiben. Da ich meistens abends lese, die Zeit, in der man schnell mal der Müdigkeit anheimfällt, muss mich eine Story fesseln, damit ich das Buch nicht bereits nach ein paar Seiten wieder beiseitelege. Doch »Sternenschwester« hat dies nicht geschafft. Vielleicht lag es ja am Konzept der Kurzgeschichten, das es mir schwer gemacht hat, mich in die Handlungen und Personen hineinzufinden. Allerdings hätte genau hier die Kunst der Autorinnen und Autoren liegen müssen: innerhalb weniger Seiten den Leser zu fesseln und in die Phantasiewelten hineinzuziehen. Gelungen ist das in diesem Fall jedoch nicht. Mir erging es nicht einmal so, dass ich es kaum erwarten konnte, die nächste Geschichte zu beginnen.
»Sternenschwester« ist eine solide Reise in klassische Fantasy-Welten mit dem Schwerpunkt auf weibliche Charaktere. Doch diese Reise ist eher kurzweilig im Sinne von »schnell wieder vergessen«. Echte Spannung kommt selten auf, was auch am teilweise recht gestelzten Schreibstil einiger Autorinnen liegt. Es gibt ein paar unterhaltsame Lichtblicke, die aber bei der großen Anzahl von Kurzgeschichten in diesem Buch deutlich mehr erwarten ließen. Wer klassische Fantasy mit starken Frauenfiguren mag, das Ganze jedoch eher mit einigermaßen leichter Kost befriedigen möchte, für den ist dieses Buch durchaus geeignet. Wer sich hingegen lange fesseln lassen möchte oder ein Potpourri abwechslungsreicher und spannender Geschichten erwartet, der ist hier fehl am Platze.