Immer wieder wage ich mich an echte Klassiker der Science-Ficition. Mich interessiert vor allem, wie die Menschen bzw. Autoren von damals sich die Welt von heute vorgestellt haben. Leider sind diese Ausflüge in Vergangenheit der SF-Literatur nicht immer ein Vergnügen, wie auch der vorliegende Roman mal wieder deutlich unter Beweis stellt.
Daumann – Lehrer, Schriftsteller, Widerstandskämpfer
Der 1896 in Groß-Gohlau bei Neumarkt zur Welt gekommene Daumann kam aus einer Bauernfamilie und wurde nach seiner Jugend Volksschullehrer. 1932 veröffentlichte er sein erstes Buch „Streik“ über einen Arbeitskampf schlesischer Bergleute. 1933 entließen ihn die Nationalsozialisten aus dem Schuldienst und 1943 wurde seine gesamten bis dahin verfassten Werke verboten.
Den Roman „Dünn wie eine Eierschale“ schrieb er 1934, während einer Phase, die ihn zwang, sich mit utopischer Trivialliteratur über Wasser zu halten.
Die Handlung – soweit ich sie verstanden habe
Der Deutsche P. Haller und einige Mitstreiter machen sich auf die Jagd nach einem skrupellosen Wissenschaftler, dem es gelungen ist, ein Verfahren zu entwickeln, das es ermöglicht, durch Abbrennen natürlicher Thermitvorkommen Erdbeben und Vulkanausbrüche zu erzeugen. Mit gezielten Boden- und Börsenspekulationen in den betroffenen Gebieten häuft er so ein riesiges Vermögen. Die Spur führt Haller bis nach Argentinien, wo es schließlich zum Showdown kommt.
Klingt erst einmal interessant, aber…
Der Plot scheint auf den ersten Blick das Potenzial für eine weltumspannende Abenteuergeschichte im Stile John Grishams zu haben. Es gibt heldenhafte Protagonisten, schöne Frauen, exotische Schauplätze und einen übermächtigen Feind. So weit, so gut, wäre da nicht dieser unsägliche Schreibstil des Autoren, und wären da nicht die eher gelangweilt agierenden Figuren und wären… aber lassen sie mich ein paar Details nennen, weshalb dieser Roman am Ende zu einem Rohrkrepierer wurde.
Ganz offensichtlich hat man in den 30er Jahren, als dieses Werk entstand, anders darüber gedacht, wie man eine spannende Geschichte erzählt. Vielleicht war es aber auch Daumanns ganz eigener Schreibstil. Auf jeden Fall ist das Buch über weite Strecken extrem schwer lesbar. Wirre Absätze, zu viel belangloses Geplänkel und maßlose Überzeichnungen der Handelnden wurden nur noch getoppt durch eine abgehackte und, zum Leidwesen des Lesers, oft krampfhaft in Mundart verfallende wörtliche Rede. Sätze,…die…ständig…durch…Auslasspunkte…unterbrochen…werden… und dann auch noch einen Dialekt zu simulieren versuchen, machen die Dialoge an sehr vielen Stellen so gut wie unlesbar.

Die Protagonisten, allen voran der Tausendsassa P. Haller, erwecken den Eindruck, als wäre die Hatz nach dem Bösewicht bloß ein gelungener Männerabend mit Dame (die selbstverständlich nur Dekoration und Anlass zum Anschmachten ist). Spannung kommt trotz einiger durchaus brenzliger Situationen – die sich übrigens leicht überlesen lassen, wenn man einen Moment nicht aufpasst – nicht auf. Der Showdown glänzt lediglich durch viel Pathos und erzeugt nicht im Ansatz das Gefühl mitfiebern zu müssen. Im Gegenteil. Nachdem die Helden erfolgreich waren, fragt man sich: „Das war es jetzt schon?“ Stattdessen muss man auf den letzten Seiten noch einmal eine gehörige Dosis der unerträglichen wörtlichen Rede über sich ergehen lassen und ist schließlich froh, endlich den Buchdeckel schließen zu können.
Das einzig Positive, das man mit viel gutem Willen über den Roman „Dünn wie eine Eierschale“ sagen kann, ist der historische Wert dieses Werks. Immerhin werden zwischen den Zeilen immer wieder Technologien beschrieben, wie Daumann sie sich für das Jahr 1983 vorgestellt hat. Doch war er damit seiner Zeit nicht im Ansatz so weit voraus, wie beispielsweise Jules Verne oder George Orwell. Ansonsten ist der Roman ein Beispiel für einen schrecklichen Schreibstil, emotionslose Charaktere und unangebrachtem Pathos. Aber vielleicht waren ja die Zeiten damals so. Außer Historikern kann ich dieses Buch niemandem ernsthaft empfehlen. Da gibt es aus den 30er Jahren deutlich Besseres.

