Wer sich im Genre der Sience Fiction nicht so auskennt, verbindet oftmals Stereotype, wie Außerirdische, Raumschiffe und Weltraumabenteuer mit diesem Begriff. Und genau das sind die Komponenten, aus denen sich der Roman „Der Zeitagent“ von William F. Nolan zusammensetzt. Hinzu kommen Elemente des klassischen Krimis, wie sie einst Raymond Chandler oder Dashiell Hammett prägten, mit all ihren Klischees und ihrem Sexismus. Doch…
…wer ist eigentlich William F. Nolan?
Der umtriebige William Francis Nolan wurde 1928 in Kansas City, Missouri, geboren und gehörte zu den aktivsten Schriftstellern seiner Zeit. Er schrieb Hunderte von Kurzgeschichten und Büchern zu ganz unterschiedlichen Themen, wie Biografien oder Motorsport. Außerdem verfasste er Drehbücher und war gelegentlich auch als Schauspieler tätig. Doch seine größte Leidenschaft entwickelte er in der klassischen Science Fiction und im Fantasy-Genre. Sein bekanntestes Werk war „Logan’s Run“, das 1976 von Michael Anderson verfilmt wurde und unter dem Namen „Flucht ins 23. Jahrhundert“ in Deutschland im Kino war.
Nolan starb 2021 mit 93 Jahren.
Eine wilde Jagd durch Zeit und Raum
Sam Space ist Privatdetektiv, der beauftragt wird, einen genialen Wissenschaftler zu schützen. Dr. Umani arbeitet an einem geheimen Projekt, das den Fortbestand dieses Universum sicherstellen soll. Doch ganz so einfach, wie sich Sam Space das anfangs ausmalt, ist die Bewachung des Mannes nicht. Stattdessen wird er nicht nur quer durch die Galaxis, sondern ebenso durch Zeit und Paralleluniversen gejagt. Dabei hat er stets einen lockeren Spruch auf den Lippen. Genauso locker sitzt auch seine 38er, ohne die er nie das Haus verlässt.
Ein ziemlich chaotisches Durcheinander
Ja, der Protagonist der Geschichte heißt Sam Space, was nicht von Ungefähr an „Sam Spade“, der klassischen Detektiv-Figur von Dashiell Hammett erinnert. Wie dieser ist auch der Weltraum-Detektiv dieses Romans ein ausgefuchster Ermittler mit einem Hang zu schönen Frauen, Alkohol und Waffen. Außerdem ist er noch in zahlreichen intergalaktischen Kampftechniker ausgebildet, die ihm aber bei seinem Auftrag nur wenig nützen. Denn er muss gegen einen größenwahnsinnigen Roboterkönig kämpfen, der nichts Geringeres plant, als die Zerstörung dieses Universums.
Damit beginnt eine haarsträubende Achterbahnfahrt quer durch die Galaxis, die dem Leser einige Toleranz im Bezug auf Logik und Nachverfolgbarkeit abverlangt. Spätestens, wenn Sam seinem dritten Ich begegnet wird es unübersichtlich und man fragt sich, welchem Universum man den jetzt gerade folgt. Doch eigentlich ist das völlig egal, denn bereits nach der Hälfte des Buches ahnt man, wo die Reise hingehen wird. Da reicht es am Ende, den teilweise abgedrehten, manchmal auch albernen Abenteuern des Detektivs nur passiv zu folgen und sich unterhalten zu lassen.

Der Roman stammt aus dem Jahr 1971, einer Zeit, in der das Bild der Frau in der vorwiegend von Männern geprägten Gesellschaft noch sehr eindimensional war. Entsprechend werden die weiblichen Charaktere in der Geschichte in erster Linie als Stichwortgeber oder in irgendeiner Form sexualisiert dargestellt – ähnlich, wie es eben auch in den Dashiell-Hammett-Büchern nicht selten der Fall ist. Das ist aus heutiger Sicht sicher nicht mehr zeitgemäß, passt aber in die Zeit und in das Gesamtkonzept des Plots. Denn einen Fehler sollte man bei der Lektüre auf keinen Fall machen – die Handlung zu Ernst nehmen. Das würde ohnehin nicht gelingen, kommt man doch streckenweise angesichts der der hanebüchenen Geschehnisse aus dem Schmunzeln oft nicht mehr heraus.
Der Roman „Der Zeitagent“ von William F. Nolan ist eine ziemlich anspruchslose, aber nicht minder unterhaltsame Zeit-und-Raum-Detektivgeschichte mit einem Plot, dem zu folgen manchmal nicht ganz leicht fällt. Dennoch ist das Ende, auf das trotz des herrschenden Durcheinanders konsequent hingearbeitet wird, vorhersehbar und passt in bekannte Helden-Superschurken-Schemata. Empfehlen kann ich das Buch jenen Science-Ficition-Liebhabern, die sich mal fern jeglichen Anspruchs mit Humor und viel Action, aber auch mit eine Menge Klischees, unterhalten lassen wollen. Leser, die eher nach Tiefgang suchen, sollte dieses Werk tunlichst meiden.