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Alistair MacLean
Meerhexe
So ein Blödsinn...
An dieser Stelle sollte eigentlich das Cover des beschriebenen Buches abgebildet werden. Leider lässt dies unser deutsches Urheberrecht nicht zu. Daher müsst Ihr leider mit einem Symbolbild Vorlieb nehmen.

Alistair MacLean ist ein Garant für leicht geschriebene Romane voller Action, die sich auf unterhaltsame Weise welt- und wirtschaftspolitischer Themen annehmen, ohne allerdings allzu sehr in die Tiefe zu gehen. So erwartete ich entsprechend auch dieses Mal eine kurzweiliges Lesevergnügen. Leider musste ich feststellen, dass nicht alles, was dieser Autor verfasste, die Qualität eines “Golden Gate” oder “Goodbye Kalifornien” hat.

Den ersten Roman von Alistair MacLean habe ich mit 19 oder 20 Jahren gelesen. Damals, in der noch computerlosen Zeit, widmeten sich meine damalige Freundin (heutige Frau) und ich einer Freizeitbeschäftigung, die aus heutiger Sicht eher ungewöhnlich erscheint: Meine Freundin machte Handarbeiten, während ich aus Büchern vorlas. Auf diese Weise sind wir gemeinsam in den Genuss von “Goodbye Kalifornien” von Alistair MacLean gekommen, ein Buch voller Spannung, Aktualität und Action. Danach haben wir uns eine Weile zu regelrechten Fans dieses Schriftstellers entwickelt und besitzen inzwischen auch jedes seiner Bücher.

Der Autor

Alistair MacLean war ein echter Schotte. 1922 in Glasgow als Sohn eines Pfarrers geboren, wuchs er in den Highlands auf und besuchte die Hillhead High School in Glasgow. Nachdem er im Zweiten Weltkrieg bei der Royal Navy gedient hatte, studierte er an der Universität von Glasgow Englisch und arbeitete ab 1953 als Lehrer. Bereits während seines Studiums begann MacLean mit dem Schreiben von Kurzgeschichten. Das Buch “Die Männer der Ulysses” brachte ihm dann 1955 den Durchbruch mit einem Roman. Insgesamt verfasste 28 Romane, zu einem großen Teil Bestseller, von denen 14 teils mit Starbesetzung verfilmt wurden. MacLean starb 1987 in München an den Spätfolgen andauernder Alkoholprobleme.

Die Handlung

Das Buch “Meerhexe” wurde 1977 in einer Zeit veröffentlicht, als die Ölkrise von 1973 überstanden schien, die nächste 1979/80 sich aber bereits ankündigte. Ein streng geheimes Treffen internationaler Ölmagnate setzt eine Entwicklung in Gang, die die Welt in einen neuen Krieg führen könnte. Anlass für das Treffen ist die Unzufriedenheit der Herren mit dem eigenwilligen Milliardär Lord Worth, der den Markt mit billigem Öl aus seinen eigenen Ölplattformen überschwemmt und damit die Preise nach unten treibt. Die Bosse beschließen, den zwielichtigen Cronkite zu beauftragen, die Bohrinsel “Meerhexe” zu zerstören um Lord Worth zu zwingen, die Preise zu erhöhen. Was sie nicht ahnen, ist die Tatsache, dass Cronkite noch eine Rechnung mit Lord Worth offen hat. Schnell verlieren die Ölbosse die Kontrolle über den wild gewordenen Attentäter, denn der lässt sich nicht mehr stoppen. Lord Worth hingegen hat in den ehemaligen Polizisten Mitchell und Roomer zwei gewiefte Helfer, die sich dem wahnsinnigen Cronkite entgegen stellen.

Überdrehte Actiongeschichte

Alistair MacLeans Bücher sind meist recht einfach gestrickt. Die Charaktere sind einigermaßen berechenbar und die Handlung ist spannend, aber wenig kompliziert. All diese Eigenschaften treffen auch auf “Meerhexe” zu. Was mir an seinen Romanen, ähnlich wie bei Robert Ludlum, stets gefallen hat, war der Realitätsbezug seiner Geschichten. Aktuelle Themen werden so in die Handlung eingewoben, dass ein gewisser Realismus bis hin zu regelrechter Authentizität erreicht wird – letzteres aber in erster Linie bei Ludlum. Im Falle des vorliegenden Buches ist die Geschichte um das Schwarze Gold aber dermaßen an den Haaren herbei gezogen, dass von Realismus nicht mehr die Rede sein kann. Ich kenne mich im internationalen Ölgeschäft nicht aus und verkneife mir jetzt auch einmal eine ausführliche Recherche, aber dass ein einziger Milliardär mit einer Bohrinsel in der Lage sein soll, Weltmarktpreise gegen den Willen der Großkonzerne zu diktieren, halte ich schon für recht unwahrscheinlich.

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Selbst wenn man in diesem Punkt der Phantasie deutlich mehr Spielraum lässt, so gibt es eine ganze Liste weiterer kleiner und großer Ungereimtheiten in “Meerhexe”, die letztendlich die Handlung mehr und mehr ad absurdum führen. Da werden Öltanker kurzerhand in Häfen versenkt, im Handstreich ein Paar nukleare Fernlenkraketen aus einer Hochsicherheitsanlage gestohlen und Bohrinseln ohne mit der Wimper zu zucken in die Luft gejagt – um nur einige Beispiele zu nennen. Als sei dies nicht genug, sind die beiden Privatdetektive Mitchell und Roomer derartige Übermenschen, dass es schon peinlich ist. Vor allem Mitchell kann alles, weiß alles und ist in allem der Beste. In “Goodbye Kalifornien” musste die Hauptfigur Ryder unendlich viel einstecken und erreichte am Ende, wie John McClane in dem Film “Stirb langsam”, sein Ziel mehr tot als lebendig. Mitchell hingegen meistert jede Situation mit Bravour und einem lockeren Spruch. Die Tatsache, dass Roomer bei den Auseinandersetzungen mit den Schergen von Cronkite schwer verletzt wird und auch Mitchell ein Paar Blessuren davonträgt, macht die Übermenschlichkeit der Hauptakteure nicht besser. Ein Umstand zudem, der einem trotz flapsiger Sprüche diese Charaktere nicht sonderlich sympathisch macht.

Ich möchte nicht behaupten, dass “Meerhexe” wirklich schlecht ist. Es ließt sich flüssig und leicht und die Handlung ist ebenso actionreich wie kurzweilig. Doch lag mir während des Lesens zu häufig ein kopfschüttelndes “So ein Blödsinn” auf den Lippen. Da wurde der Bogen des Zumutbaren an vielen Stellen doch arg überspannt. Wenn man als Ausgleich wenigstens eine passende Identifikationsfigur gefunden hätte, wäre es möglicherweise eine Idee erträglicher gewesen, doch Mitchell eignete sich dafür mit seiner unterschwelligen Arroganz überhaupt nicht. Wer sich mit leichter Kost mal aus der Realität verabschieden und doch keinen Science-Fiction- oder Fantasy-Roman lesen möchte, der könnte möglicherweise gefallen an “Meerhexe” finden. Doch schon wenn man wenigstens einen Hauch von Realismus von einer Geschichte erwartet, die sich um die Machenschaften von Wirtschaftsbossen und Söldnern dreht, ist man mit diesem Roman falsch beraten. Für mich ist es auf jeden Fall das bisher schlechteste Buch, das ich von Alistair MacLean gelesen habe.

Action
4/5
Handlung
2/5
Spannung
3/5
Lesespaß
3/5
Mein Urteil
3/5

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