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Christopher Hodder-Williams
Der große summende Gott
Ein verblüffend zutreffender Blick in die KI-Zukunft
An dieser Stelle sollte eigentlich das Cover des beschriebenen Buches abgebildet werden. Leider lässt dies unser deutsches Urheberrecht nicht zu. Daher müsst Ihr leider mit einem Symbolbild Vorlieb nehmen.

Als Freund der Science-Fiction-Literatur interessierten mich seit jeher Autoren, die sich mit dem Weiterdenken aktueller Technologien und wissenschaftlicher Erkenntnisse unterhaltsam auseinandersetzten. Sehr früh bin ich daher auf Stanislav Lem und IssacAsimov gestoßen, die meine ganz persönlichen Vorreiten in dieser Form der Science Fiction waren.

Auch „Der große summende Gott“ aus dem Jahr 1969 widmet sich diesem Thema. Ob mich das Buch gefesselt hat oder ob es eher als eines von vielen im großen Rauschen meiner gelesenen Werke untergeht, dazu jetzt mehr.

Doch zunächst etwas zum Autor.

Komponist, Musiker und Schriftsteller

Der 1926 in Großbritannien geborene Christopher Hodder-Williams kam schon sehr früh in Kontakt mit der schreibenden Zunft. Nach Besuch des Eton Colleges und einigen Jahren als Pilot in der Royal Army arbeitete er für kurze Zeit im Verlag Hodder and Stoughton, den sein Vater leitete. In den 50ern siedelte er nach New York über und begann als Komponist für den Broadway zu arbeiten. Der Musik blieb er stets treu, sei es als Musik-Journalist oder als Komponist für Film und Fernsehen. 1957 veröffentlichte er sein erstes Buch „The Cummings Report“. Seinen Schwerpunkt verlegte er bald auf die Science-Fiction-Literatur. 1984 veröffentlichte er sein letztes Buch. Er starb 1995 in London.

Ein wenig wie David gegen Goliath

„Der große summende Gott“ ist ein fast schon historisch zu nennender Science-Ficition-Roman, der aktueller kaum sein könnte. Als Mitinhaber einer Computerfirma ist Peter Shackleton eigentlich nicht sonderlich an Computern interessiert. Dennoch trifft er sich mit seinem Geschäftspartner John Forbes, weil dieser eine Partnerschaft mit dem dubiosen Servex-Konzern eingegangen ist. Bei dem Treffen mit Forbes lernt Peter Christina kennen und verliebt sich in sie. Mit der Zeit stellt er fest, dass Christina sich immer wieder seltsam unberechenbar verhält. Einmal erwidert sie seine Zuneigung, im anderen Moment stößt sie ihn weg und verschwindet spurlos. Als Peter die Bekanntschaft von Richard Stranger macht, erkennt er, dass das Verhalten von Christina einen Grund hat. Servex hat mit ihrem Computernetz weltweit alle wichtigen Schaltzentralen unter Kontrolle gebracht – und ist nun auch in der Lage, Menschen zu steuern. In einem Rennen gegen die Zeit versucht Peter, eine große Katastrophe zu verhindern und Christina ist der Schlüssel dazu.

Das Thema KI (künstliche Intelligenz) ist derzeit in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Deep Fakes, also computergenerierte Bilder, Bewegungen und Stimmen, lassen Menschen Dinge machen und sagen, für die sie keine Verantwortung tragen. Denn es sind Programmierer, die ihnen die Worte in den Mund legen. Aufgrund von KI wirken Stimmen und Bewegungen der Protagonisten inzwischen so realistisch, dass sie vom Original nicht mehr zu unterscheiden sind. Die Gefahr einer solchen Technologie ist riesig, denn wenn plötzlich ein amerikanischer Präsident Dinge sagt, die seiner politischen Überzeugung eigentlich völlig widersprechen, kann das gravierende weltpolitische Folgen haben.

Wenn die KI zu mächtig wird

Und genau darum geht es in „Der große summende Gott“. Die Computertechnik in dieser Geschichte ist so weit fortgeschritten, dass sie nicht nur in der Lage ist, sich in sämtliche Computernetzwerke der Welt einzuklinken, sie kann sogar die Gedanken von Menschen beeinflussen und sie, wenn nötig, täuschend ähnlich für Videos kopieren. Insbesondere Letzteres ist somit genau das, was heute unter dem Begriff Deep Fake bekannt ist. Doch dieses Buch ist aus dem Jahr 1969. Computeranlagen nahmen damals noch ganze Häuserblocks ein und die Datenmengen waren, verglichen mit heute, verschwindend gering.

Symbol Thema Science Fiction
Foto: Xu Haiwei

Dennoch hat Hodder-Williams sich seine Gedanken darüber gemacht, wo es einmal hingehen könnte – und er hat den Punkt für die damalige Zeit verblüffend genau getroffen. Ob das von ihm im Laufe der Handlung beschriebene Gerät zur Gedankenmanipulation so bereits umsetzbar ist, sei dahingestellt, was die Möglichkeit aber nicht ausschließt. Doch die Deep Fakes, die Hodder-Williams in Form der Protagonistin Christina auf den Bildschirm zaubert, sind längst Realität geworden – und mit ihnen die damit verbundenen Gefahren, die auch Peter Shackleton sieht. Dass die Computertechniker in dem Buch noch mit meterweise Lochstreifen herumhantieren, ist ein aus heutiger Sicht eher amüsantes Detail und dem damaligen Stand der Technik geschuldet.

Thematisch ist der Roman also hochaktuell und Hodder-Williams’ Blick in die Zukunft fast prophetisch. Leider hält der Stil des Buches dem hochmodernen Inhalt nicht in jeder Hinsicht stand. Die Handlung strahlt eine derart penetrante Aura des Hippie-Zeitalters aus, dass man in der einführenden Party-Sequenz geradezu die Anwesenheit von Janis Joplin und Jimi Hendrix spüren kann. Dies jedoch leider nicht im positiven Sinne. Stattdessen wirkt die Atmosphäre eher verklemmt und trägt ein wenig den Muff der späten 60er mit sich. Die Dialoge wirken oft wirr und gezwungen lässig, was zur Folge hat, dass sie der Handlung nicht wirklich weiterhelfen. Auch die Aktionen der Protagonisten, allen voran Peter Shackleton, sind nicht immer nachvollziehbar und man fragt sich das eine aufs andere Mal, ob Peter vielleicht auch bereits von der Maschine manipuliert wird. Der Showdown ist dabei das beste Beispiel. Ja, es wird am Ende leidlich spannender, aber Handlung und Dialoge, sperren sich die ganze Zeit dieser Spannung. Selbst als es zum dramatischen Höhepunkt kommt, wirken die Beteiligten eher unbeteiligt. Das nimmt dem Roman einen großen Teil des Reizes.

Fazit

Das im Jahr 1969 veröffentlichte Buch „Der große summende Gott“ behandelt ein hochaktuelles Thema und sieht die Entwicklung, wie sie heute tatsächlich eingetreten ist, äußerst kritisch voraus. Allerdings ist der Schreibstil des Autors nicht dazu geeignet, wirklich Spannung zu erzeugen. Er schafft es, ein hochtechnologisches Thema in die Atmosphäre eines 60er-Jahre Spießerwohnzimmers zu verpacken und sie mit verwirrenden Dialogen und Akteuren zu entschleunigen. So wird zwar ein wenig die Denkweise der damaligen Zeit widergespiegelt, aber dem Potenzial des Themas und dem damit möglichen Spannungsbogen wird der Roman nicht gerecht. So beeindruckend die Voraussicht des Autors auch sein mag, so enttäuschend und streckenweise langweilig ist die Umsetzung.

Action
3/5
Anspruch
4/5
Suchtfaktor
2/5
Spannung
2/5
Mein Urteil
3/5

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