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Dean R. Koontz
Mitternacht
Entspannter Kleinstadt-Horror mit sympathischen Protagonisten
An dieser Stelle sollte eigentlich das Cover des beschriebenen Buches abgebildet werden. Leider lässt dies unser deutsches Urheberrecht nicht zu. Daher müsst Ihr leider mit einem Symbolbild Vorlieb nehmen.

Als Jugendlicher habe ich mir gerne einmal den einen oder anderen Horrorfilm gegönnt. Schockszenen waren zwar schrecklich, gehörten aber dazu und bei den gut gemachten Streifen sorgten sie auch meist für wohligen Nervenkitzel. Inzwischen halte ich mich von allzu aufreibenden oder gar erschreckenden cineastischen Werken möglichst fern. Mein Nervenkostüm hat im Laufe der Jahre auf verschiedenste Weise gelitten, weshalb ich mir das nicht auch noch auf der Leinwand geben muss.

Ganz anders sieht es beim Buch aus. Obwohl der Phantasie hier deutlich weniger Grenzen gesetzt sind, als im Kino, macht mir das Lesen von gruseligen Romanen nichts aus. Daher hatte ich kein Problem, mich mit „Mitternacht“ von Dean R. Koontz zu befassen.

Der Autor – Ein Meister des Horrors

Dean Ray Koontz ist wahrlich ein Meister des Horror-Genres. Der 1945 in Everett, Pennsylvania geborene Schriftsteller gehört neben Stephen King und Peter Straub zu den erfolgreichsten amerikanischen Horrorautoren. Er begann 1967 mit Science-Fiction-Erzählungen, teils unter verschiedenen Pseudonymen und veröffentlichte erst 1989 seinen Debütroman. „Mitternacht“, wurde gleich zum Bestseller in den New York Times und er legte damit den Grundstein zu einer ganzen Reihe von Bestsellern, die seitdem von Koontz verfasst wurden.

Die Handlung – Genie und Wahnsinn führen zur Katastrophe

In der Kleinstadt Moonlight Cove an der Küste Kaliforniens kommt es zu unerklärlichen Todesfällen. Die Ermittlungen der örtlichen Polizei führen zunächst zu keinem Ergebnis. Jedoch gibt es einige Ungereimtheiten, die schließlich den FBI-Agenten Sam Booker auf den Plan rufen. Der versucht inkognito das Geheimnis zu ergründen. Unabhängig von ihm beabsichtigt die Journalistin Tessa etwas über das Schicksal ihrer Schwester herauszufinden, die angeblich hier Selbstmord begangen haben soll. Beide stellen fest, dass Unheimliches in Moonlight Cove vorgeht. Bei ihrer Suche treffen sie zusammen und finden sich gemeinsam mit der vierzehnjährigen Chrissie bei dem behinderten Kriegsveteranen Harry ein. Es stellt sich heraus, dass ein ortsansässiges Technologieunternehmen eine entscheidende Rolle bei den Vorfällen spielt, von denen mehr und mehr Bewohner der Kleinstadt betroffen sind. Was sie bei ihren Recherchen entdecken, ist erschreckender, als sie es sich je hätten vorstellen können.

Wie King, aber doch anders

Mehrfach habe ich mich schon als Fan von Stephen King geoutet. Sein besonderes Markenzeichen ist es, aus ganz alltäglichen Situationen, die jedem von uns tagtäglich widerfahren, plötzlich das Grauen herausbrechen zu lassen. Seien es schlichte Autos, die zu mordenden Monstern werden oder der treue Bernhardiner, der sich mit einem Mal zu einer blutgeifernden Bestie entwickelt. Oft sind es die „ganz normalen“ Dinge, die das Böse verbergen.

Ähnlich verfährt auch Koontz in „Mitternacht“. Die Kleinstadt Moonlight Cove ist ein Abbild Tausender typisch amerikanischer Kleinstädte. Beschauliche Häuser mit Garten, kleine Läden, eine Provinzpolizei, Schulen und ein großer Arbeitgeber, der viele der Bewohner beschäftigt – so weit, so normal. Doch anders als King, bei dem das Grauen immer schleichend einzieht, zeigt Koontz schon sehr früh, dass hier etwas so ganz und gar nicht stimmt. Auch wenn der Leser noch eine Weile braucht, bis er das Ausmaß der Katastrophe in vollem Umfang erfassen kann, wird durch den Tod einer Joggerin bereits nach wenigen Seiten deutlich, dass hier der Horror Einzug gehalten hat.

Die vier Protagonisten, alle mit ihrer eigenen Moonlight-Cove-Geschichte, finden auf unterschiedlichen Wegen in der Not zusammen und stellen in gewisser Weise einen Durchschnitt üblicher Hollywood-Klischees dar.

Da ist der knurrige und desillusionierte FBI-Agent, die lebensbejahende Journalistin, die schon viel Grauenhaftes gesehen hat. Da ist die freche, aber gewitzte Göre, die versucht, den Erwachsenen so gut es geht zu helfen, und der schwerbehinderte Vietnam-Veteran, der Sam zeigt, dass das Leben dennoch lebenswert sein kann. So sehr diese Charaktere auch bekannten Klischees entsprechen, wirkt ihr Agieren nur selten aufgesetzt. Manchmal ist man sogar überrascht, wenn ihre Handlungen so völlig von dem Erwartbaren abweichen.

Symbolbild für Mitternacht von Dean R. Koontz
Foto: Digital erstellt mit Stable Diffusion 2.1

Ebenso verhält es sich mit dem Antagonisten des Buches. Shaddack ist der Chef des örtlichen Hauptarbeitgebers New Wave. Er lebt in seiner eigenen Wahnwelt, sieht sich als Erretter der Menschheit, dem die Menschen nach ihrer Bekehrung zu huldigen haben. Dabei ignoriert er alles, was seinen Plänen im Weg stehen könnte, auch dass seine Menschheitsrettung gerade droht, fürchterlich schief zu gehen. Bei Shaddack sind Genie und Größenwahn eng verbunden und er erfüllt damit erneut sämtliche bekannten dramaturgischen Erzählmuster. Und doch hat der Leser den Eindruck, in ihm eine abgeschwächte Version der übermenschlichen Bösewichter des Kinos zu erkennen – abgrundtief böse, aber nicht unbesiegbar.

Die Handlung wird konsequent vorangetrieben und mündet in einem Showdown, das leider ein wenig schwächelt. Die Technik des Autors, die Spannung am Ende durch viele kurze Kapitel zu steigern, gelingt in diesem Fall nicht ganz. Wo ich ein Buch sonst zum Finale kaum aus der Hand legen kann, legte ich hier tatsächlich eine Lesepause ein. Ich ahnte, wie es ausgeht, und es kam genau so. Den Schluss bilden einige versöhnlich menschliche Seiten, die einem Happy End sehr nahe kamen und den Klischeezirkel schließlich schlossen.

Fazit – Bekanntes Strickmuster, unterhaltsam abgewandelt

Ich bin bisher stark auf dem Thema Klischees herumgeritten, was daran liegt, dass ich allzu dick aufgetragene Stereotype nicht sonderlich mag. Ein solcher Roman bietet sich jedoch geradezu an, bekannte Muster in allen nur erdenklichen Variationen zu verwenden. Koontz ist es aber gelungen, diese Muster eher dezent im Hintergrund zu erzeugen. Die vier Hauptprotagonisten kommen sympathisch und einigermaßen natürlich daher, was eine schablonenhafte Charakterzeichnung weitgehend verschwinden lässt. Auch die Tatsache, dass der Grundtenor trotz des Horrors, der sich in der Kleinstadt ereignet, recht positiv ist. Das spiegelt sich vor allem in den Dialogen wider. Somit kann ich mit diesen Klischees ganz gut leben.

Dennoch ist dieser Koontz-Roman kein Breathtaker. Er liest sich leicht, ist über weitere Strecken spannend und besticht durch eine Reihe unterhaltsamer Ideen. Doch man kann ihn auch durchaus mal beiseite legen, ohne aus einer atemlosen Spannung gerissen zu werden. Durch die positive Grundstimmung ist dieser Horrorroman zudem kaum als solcher zu bezeichnen. Es geht in der einen oder anderen Szene zweifellos blutig und gruselig zu, doch für den Hardcore-Fan dürfte das eher lachhaft sein. Dennoch sollte man ihn Kindern besser nicht zu Lesen geben.

Trotz seiner leichten dramaturgischen Schwächen und der Bedienung einiger Klischees kann ich „Mitternacht“ guten Gewissens als lesenswert empfehlen, denn unterhaltsam und phantasievoll ist er allemal.

Action
3/5
Anspruch
3/5
Suchtfaktor
3/5
Spannung
4/5
Mein Urteil
3,5/5

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