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Copyright oder
Die Gier der zu spät gekommenen
Ein Flame geboren aus Wut

Der folgende Text zum Thema Copyright und die Machenschaften der Musikindustrie ist sehr lang und teilweise sehr emotional, da ich die menschenverachtende und gleichzeitig hilflose Vorgehensweise der Musikindustrie aufs Schärfste verurteile. Sicherlich gehen bei diesem Thema die Meinungen auseinander. Ich möchte an dieser Stelle aber vorweg deutlich machen, dass ich keineswegs das Urheberrecht an sich verurteile. Im Gegenteil, es muss einen wirkungsvollen Schutz von geistigem Eigentum geben. Die Musikindustrie jedoch schiebt diesen Grund lediglich vor, um die eigenen Gewinne zu sichern. Diese Scheinheiligkeit und die Art und Weise der Umsetzung zur Wahrung dieser rein finanziellen Interessen sind es, was ich in dem folgenden Text verurteile. Die Tatsache, dass viele unabhängige Plattenlabels sich weigern, diesen Weg mitzugehen und teilweise sogar gerichtlich gegen die Behauptung vorgehen, die gesamte Musikindustrie denke so, zeigt deutlich, dass es den großen Labels nicht um die Sache, sondern nur um den Profit geht.

Wie schön waren doch die Zeiten…

…als man von seinem Nachbarn, Freund oder Bekannten eine neue Schallplatte mal eben auf Kassette spielen konnte. Niemand hat sich darum gekümmert, niemanden hat’s interessiert. Ich war im Bezug auf gute Alben meiner bevorzugten Musikrichtungen und Bands stets auf dem neusten Stand und meine Bekannten auch, teilten wir uns doch auf diese Weise die Anschaffung neuen Materials.

Dann kamen die CDs und bald die CD-Brenner. Wie groß war doch meine Begeisterung, als ich in der Lage war, meine bevorzugten Titel alle auf eine Scheibe zu bringen. Jede Fete war so absolut simpel zu planen (naja theoretisch) und wenn’s mal romantisch sein sollte, suchte ich mir auch dafür die Sahnestückchen zusammen.

Mit der explosionsartigen Verbreitung des Internets eröffneten sich plötzlich unglaubliche neue Möglichkeiten. Napster wurde trotz ISDN-Leitung leergesaugt. Titel von deren Anschaffung ich sonst nicht einmal geträumt hätte, landeten plötzlich in meiner Sammlung und erfreuten meine Gehörorgane. Man lernte Menschen kennen, die musikalisch auf der selben Wellenlänge schwammen und man knüpfte über die Musik Kontakte weltweit. Multikulturelle, grenzenlose und vorurteilsfreie Kommunikation mit Menschen jeden Alters, jeder Hautfarbe, jeder Rasse und jeder Herkunft. Wer oder was Du warst, interessierte niemanden, denn wir hatte eine Basis, die uns zusammenschweißte – die Musik. Nichts Radikales, nichts Illegales – einfach nur die Lust daran, guter Musik zu lauschen.

…und dann kam die Musikindustrie und setzte an, diese Gemeinschaft zu zerstören. Unter dem Deckmäntelchen des Schutzes von Urheberrechten spielte plötzlich die Musik als menschenverbindende Kulturform keine Rolle mehr. Sie musste dem eiskalten Kalkül und gnadenloser Profitgier weichen.

Doch warum ist es so gekommen? Ohne echte Details zu kennen und ausschließlich aus der subjektiven Sicht eines verärgerten, aber engagierten und informierten Musikfreundes stellt sich mir die Situation eigentlich ziemlich klar dar.

Die Musikindustrie hat den Lauf der Zeit verschlafen

Als Napster seine erfolgreichste Zeit hatte und Audiocity angesichts des Ansturms von Anmeldung immer neue Server aufstellen musste, war es eigentlich schon zu spät. Es hatte sich eine Lawine in Gang gesetzt, die ihren traurigen Gipfel in der heutigen Situation gefunden hat. Millionen von Musikliebhabern hatten plötzlich die Möglichkeit untereinander das zu tun, was ich mit meinem Nachbarn und der mit seinem Arbeitskollegen schon jahrelang getan hat – Musik auszutauschen. Die rasante Entwicklung bei den Komprimierungsmöglichkeiten von Audiodaten in ein kompaktes MP3-Format war dabei ein willkommener Katalysator. Die Musikindustrie wurde auf die Situation erst Aufmerksam, als plötzlich die Verkaufszahlen der Musikalben einbrachen. Obwohl bis heute nicht bewiesen ist, dass dieser Rückgang tatsächlich auf die Popularität der Tauschbörsen zurückzuführen ist (zu diesem Zeitpunkt war DSL gerade mal in einer Endphase der Entwicklung), fanden die Bosse von Warner, Universal und ähnlichen Labeln schnell einen Schuldigen – die Napsters! Und in den Chefetagen über alle Konzerne hinweg, wo sonst Einigkeit eher eine Rarität ist, brach plötzlich Panik aus – und dass Panik bekanntlich zu unüberlegten Kurzschlussreaktionen führen kann, ist kein Geheimnis. Ich möchte mir eigentlich keine weiteren Gedanken darüber machen, wie ein Mensch gestrickt sein muss, der in allem erst einmal das Schlechte sieht, doch kam den Herrschaften in ihrer Angst um den Inhalt der eigenen Brieftasche lediglich der Gedanken zum Schutz des selbigen, unzählige Rechtsanwälte zu aktivieren um dem Treiben Einhalt zu gebieten. Niemand hat in den ersten Monaten überhaupt nur einen Gedanken daran verschwendet, wie man dieses riesige Potential Internet nutzen könnte. Obwohl Fußball nicht meine Welt ist, verstehe ich aber auch als Laie soviel: Wer ausschließlich defensiv spielt, kann nicht gewinnen. Ich gehe mal davon aus, die Musikindustrie hat das Musik-Sharing zunächst einmal nicht richtig ernst genommen – eine eklatante Fehleinschätzung. Das offensive Spiel, wie es dann später von Bertelsmann versucht wurde, war aufgrund der inzwischen eingeleiteten Maßnahmen und der laut gewordenen offenen Drohungen an die Adresse der Musikfreunde von vornherein zum Scheitern verurteilt. Auch wenn uns die von den Labeln in Auftrag gegebenen Statistiken vorgaukeln wollen, dass legales Downloaden inzwischen eine Erfolgsgeschichte ist, bin ich überzeugt, dass der Gewinn um ein Vielfaches höher wäre, hätten die Verantwortlichen damals die richtigen, zukunfts- und kundenorientierten Entscheidungen getroffen.

Verpasstes muss wieder hereingeholt werden

Da aber das Kind nun mal bereits in den Brunnen gefallen war, musste man die verlorenen Monate bzw. Jahre irgendwie wieder aufholen. Die Bemühungen in diese Richtung treiben dabei inzwischen zuweilen die bizarrsten Blüten. Wenn ich versuche, mich in die Denkweise eines solchen Musikbosses hineinzuversetzen, was mir ziemlich schwer fällt, könnte ich auf folgende grobe Vorgehensweise kommen: 1. Erst einmal müssen alle Filesharer an den Pranger gestellt werden. Das schürt Angst, trennt die Spreu vom Weizen (die mit Geld [Profitbringer] von denen ohne Geld [Balast]) und treibt einem die melkbaren Schäflein in die Arme. 2. Man passt die Auswahl der Musik auf eine konsumierende, gedankenlose, unkritische und vor allen willige Masse an, wobei Qualität dabei nur stört, denn die hört ohnehin niemand. 3. Man ersinnt ein System, das die anzuzapfenden Geldbringer dazu zwingt, ausschließlich auf bestimmten, vorher genau ausgewählten Medien, das gekaufte Gedudel zu hören und das ihn daran hindert, dies in irgendeiner Form (nicht einmal an den Nachbarn) weiterzugeben. 4. Als Steigerung, und das ist kein Scherz, sondern wird in den Chefetagen der Plattenlabel tatsächlich überlegt, verfeinert man dieses System so, dass Musik ein Verfallsdatum hat. Nach 5, 10 oder 20 Mal hören (je weniger, desto gewinnbringender) lässt sich der Song nicht mehr abspielen und man muss ihn neu kaufen.

Eines steht doch bei dieser Denkweise eindeutig im Mittelpunkt: Nein, es ist mitnichten, das von der Musikindustrie immer wieder zitierte Urheberrecht, es ist der Profit. Geld, das die Aktionäre zufrieden stellt, Geld, das einem den eigenen S-Klasse-Mercedes oder die Jacht auf Mallorca sichert, Geld, das auch mal für millionenschwere Abfindungen an müde gewordenen Manager verwendet wird. Ja, es ist auch Geld, das zum Teil Arbeitsplätze sichert, aber ich möchte wetten, dass dieser Aspekt in der Chef-internen Argumentationskette ganz hinten auf der Liste steht (ganz im Gegensatz natürlich zu öffentlichen Verlautbarungen). Ein geschickterer und vor allem kundenfreundlicherer Umgang mit dem Thema, würde meiner Meinung nach für einen gewaltigen Boom in der Branche sorgen, was in der Schlussfolgerung die Schaffung von Arbeitsplätzen zur Folge hätte.

Statt dessen aber versucht die Musikindustrie mit knebelnden Werkzeugen, scheinheiligen Musikportalen, viel zu hohen Downloadpreisen und einer Musik, die von anspruchsvollem Publikum als solche kaum noch bezeichnet wird, verlorenen Pfründe wieder gutzumachen. Maßnahmen, die letztendlich eine Paarung von erschreckender Hilflosigkeit mit eiskalter Berechnung im Hinblick auf die vermeintliche (und irgendwie teilweise leider auch vorhandene) Dummheit der breiten Masse darstellt.

Deutsches Abmahnrecht als geeignetes Werkzeug

Angenehm ist es natürlich, wenn man bei seinen Bemühungen die eigenen Besitzstände zu sichern, von höchster Stelle unterstützt wird, nämlich der Bundesregierung. Erst recht dann, wenn es dadurch möglich wird, auch aus Randbereichen noch ein paar Euro herauszuholen. Bei der Abmahnung von Webseitenbetreibern, die wie auch immer geartete Musik zum Download bereitstellen, gibt es ja bereits einen gewissen Automatismus. Alle, insbesondere die Rechtsabteilungen, wissen genau, was zu tun ist, denn der Ablauf ist immer gleich. Wenn auf diesen Webseiten dann aber auch noch Abbildungen der Cover enthalten sind, dann gibt es gleich noch einen kräftigen Aufschlag. Und weil das ganze ja so lukrativ ist, beauftragt man eine Agentur, die nichts anderes macht, als sich durch das Internet zu wühlen und eben solche unbedarften Webseiten zu finden. Im Auftrag des Plattenlabels wird dann eine gesalzene Abmahnung verschickt, die den Betreiber der Seite meist völlig überraschend trifft, da er sich keines echten Vergehens bewusst ist. Eigentlich wollte er seinen 500 Besuchern im Monat, wobei der überwiegende Anteil davon irgendwelche Freunde und Bekannten sein dürften, nur zeigen, was so seine bevorzugte Musik ist. Er hat nichts verkauft, spricht keine wirklich breite Masse an und möchte damit eigentlich lediglich seine ganz persönliche Meinung kundtun, mehr nicht. Stattdessen dient er jetzt als gesetzlich legitimierte Melkkuh einiger profitgieriger Herren, die auf diese Weise einen weiteren potenziellen Kunden verärgern. Aber was stört schon dieser eine Kunde, wenn sich drei Beteiligte wieder ein Plus auf ihrem Konto verbuchen können: Das Plattenlabel, die Agentur und der Rechtsanwalt. Wenn das keine kalkulierte Ausbeutung ist… Für mich ist diese Vorgehensweise auf jeden Fall eines: legalisierte Kriminalität – menschenverachtend und skrupellos! Es geht nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um Geld und in diesem Punkt geht die Industrie im Moment (mehr denn je) über Leichen – auch über die eines kleinen Betreibers einer privaten Webseite.

Erst diente es der Terrorismusbekämpfung

Der Musikindustrie ist das bestehende Recht aber nicht genug. Stets unter dem Deckmäntelchen des Schutzes von Urheberechten schreit sie jetzt nach noch schärferen Gesetzen und die Regierung lässt sich offensichtlich willig vor ihren Karren spannen. Das ursprünglich mal zu Ermittlung von terroristischen Aktivitäten gedachte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll nun auch zum Werkzeug für die Musikindustrie umgebogen werden. Im Extremfalle, sollte die Regierung in ganzer Konsequenz klein beigeben, wird ein Internetprovider gezwungen, auch ohne richterlichen Beschluss, Verbindungsdaten eines Internetnutzers herauszugeben, damit dieser strafrechtlich wegen illegaler Downloads belangt werden kann. Sicherlich wird ein Passus enthalten sein, dass die Herausgabe eine umfassende Begründung voraussetzt, doch welchem geschickten Anwalt fällt dazu nicht eine passende Formulierung ein? Das wäre wohl eine der kleinsten Hürden. Sollte dieses Gesetz so verabschiedet werden, steht einer endgültigen Kriminalisierung von unzähligen 14-jährigen Jugendlichen und deren Eltern aufgrund von 1000 MP3-Files auf dem Rechner nichts mehr im Wege.

Copyleft
Foto: Jonas Bengtsson – CC BY 2.0

Ich habe im Zuge meiner Arbeit mit Computern in den vergangenen Jahren zahlreiche PCs von Jugendlichen und ganz normalen Erwachsenen repariert und es gab definitiv keinen, ich betonen noch einmal, KEINEN, auf dem nicht eine ganze Reihe von MP3-Dateien gespeichert waren. Und diese Kinder und Ottonormalverbraucher sollen nun alle kriminell sein? Jugendliche und harmlose Bürger in eine Ecke mit Kinderschändern und Vergewaltigern zu stellen, wie in zahlreichen Werbeclips geschehen, ist geradezu infam und verleumderisch – in meinen Augen sollte eine solche Vorgehensweise strafrechtlich verfolgt werden. Menschenverachtung kennt angesichts voller Geldbeutel bei der Musikindustrie offensichtlich keine Grenzen.

DRM, die Geißel aller Musikliebhaber

Es kam der Tag, an dem ich weich wurde. Ja, ich habe tatsächlich den Versuch gestartet, einen ganz bestimmten Titel, den mir keiner meiner Nachbarn und Freunde leihen konnte, legal herunterzuladen. Also meldete ich mich bei Musicload.de an und fand auch prompt diesen Titel und dann begann eine Odyssee. Wer behauptet, der Download eines mit DRM (Digital Rights Management) versehenen Titels sei einfach, der soll mir mal erklären, an welcher Stelle. Ich bin alles andere als ein Computeranfänger (einige behaupten gar, ich sei ein Fachmann) und aufgrund meines Wissens verwende ich eine Vielzahl von Programmen, die nicht unbedingt den geläufigen Standards entsprechen. Das bedeutet, ich benutzte NICHT den Microsoft Internet Explorer, sondern Mozilla Firefox und ich benutze NICHT den Microsoft Mediaplayer, sondern das Programm MediaMonkey. Schon diese beiden Punkte führten dazu, dass ein Download der zum Musiktitel gehörenden DRM-Dateien nicht möglich war. Es bedurfte mehrere Mails und einer Wartezeit bis zur Antwort von Musicload.de von zwei Tagen, bis ich diesen einen Titel auf meinem PC überhaupt abspielen konnte.

Da frage ich mich doch, welche Verträge Musicload.de und die anderen legalen Anbieter mit Microsoft haben. Ich weigere mich ganz einfach, mir vorschreiben zu lassen, welche Programme ich zu nutzen habe. Es reicht, dass man mehr oder weniger auf Windows festgelegt ist (was ich nicht unbedingt für ein schlechtes Programm halte). Ich möchte die Freiheit haben, Musiktitel immer, überall und auf jedem mir zur Verfügung stehenden Wiedergabegerät abspielen können. Es ist geradezu eine Anmaßung, mit welcher Arroganz die Musikindustrie von Voraussetzungen ausgeht, die vielleicht in der breiten Masse statistisch gesehen vorhanden sind. Aber eine Statistik sagt nicht immer etwas über die Realität aus und die ist eben nicht so, wie Musicload.de oder iTunes sie gerne hätten.

Das Digital Rights Management ist meines Erachtens der Tod der digitalen Musik, denn es ist beschränkt, umständlich zu nutzen und kein wirklicher Schutz, wie sich aus diversen Foren immer wieder entnehmen lässt. Auch wenn der Support von Musicload.de mich in ihrer Antwort-Mail (natürlich zwischen den Zeilen) als einfach zu dumm für DRM hingestellt hat (was ich ihnen einigermaßen verzeihe, konnten sie doch nicht wissen, dass ich mich mit Computer auskenne), es ist definitiv keine Lösung des Problems.

Der anspruchsvolle Kunde lässt sich nicht melken

Haben Sie in den letzten Wochen mal bewusst Radio gehört? Wann war das letzte Mal, dass Sie gesagt „Wow, das ist ja ein super Song!“? OK, es mag sein, dass dies erst kürzlich der Fall gewesen ist (auch mir ist es tatsächlich vor einigen Wochen mal so gegangen), aber insgesamt gesehen, was ragt denn tatsächlich heute musikalisch noch aus der breiten Masse heraus? Ich gebe zu, dass ich einen sehr ausgeprägten Musikgeschmack habe. Der Grund ist sicherlich darin zu suchen, dass ich selbst Musik mache und daher auch bewusster Musik anhöre. Doch dieses bewusste Hinhören sensibilisiert mich auch hinsichtlich der zur Zeit herrschenden Qualität. Der allergrößte Teil, und DSDS beweist es aufs Deutlichste, ist eine aus fertigen Versatzstücken zusammengesetzte und auf die Hörgewohnheiten einer breiten, auf passive Berieselung ausgerichteten Masse abgestimmte Geräuschkulisse. Die Interpreten entsprechen gängigen Trends oder wandeln bestehende Trends ab (siehe Tokio Hotel), besitzen aber keine eigene Identität, sondern dienen lediglich der Projektionsfläche eines unkritischen und kaum reflektierenden Durchschnittskonsumenten. Diese One-Hit-Wonders gab es in der Musikgeschichte schon immer, doch hielt sich ihre Zahl in übersichtlichen Grenzen. Heutzutage würde ich die eindeutige Mehrzahl der in den aktuellen Charts befindlichen Interpreten zu dieser Sorte zählen. Oder glauben Sie ernsthaft, dass in 20 Jahren noch jemand von Tokio Hotel spricht? Selbst in 5 Jahren muss man wahrscheinlich scharf nachdenken, wenn man sich an diese arroganten und von irgendwelchen Visagisten auf teenietauglich zurechtgestylten Bübchen erinnern will.

Und für dieses Einerlei aus Geräuschen und trendgerechten Pseudo-Idolen möchte die Musikindustrie auch noch viel Geld haben. Der durchschnittliche Preis bei den großen legalen Musikportalen liegt bei 99 Cent pro Titel. Das macht bei einer vollgepackten CD, nehmen wir mal das Extrembeispiel Shania Twain und ihre Doppel-CD Up! (ok, ist nicht mehr ganz neu, aber auch noch kein Oldie) mit insgesamt 38 Titeln, ein Preis von 37,62 Euro! Für diesen Preis habe ich weder eine Booklet, noch eine CD-Hülle, noch die Möglichkeit des freien Kopierens um sie beispielsweise im Auto zu hören. Ich habe lediglich ein Paar Dateien auf meinem PC, die eine deutliche schlechtere Qualität besitzen, als CD-Aufnahmen, und wenn meine Festplatte nächste Woche nicht mehr funktioniert, darf ich alles nochmal kaufen. Dies ist in meinen Augen eine hemmungslose Ausbeutung durch die Musikindustrie unter Ausnutzung der Unwissenheit der breiten Masse. Für die Bosse ist es zur Zeit noch eine Gelddruckmaschine, denn der Aufwand des Betriebs eines Musikportals ist ungleich geringer und kostengünstiger als der Betrieb von Fabriken, die CDs produzieren. Dieser Zustand wird so lange anhalten, bis auch die Chefetagen der Plattenlabels verstanden haben, dass ich als Kunde ihre üppigen Gehälter bezahle. Erst wenn diese Herren mich mit meinen musikalischen Wünschen akzeptieren und nicht als Verbrecher hinstellen, weil ich mir die Musik beschafft habe, die man mir aus geschäftstaktischen Erwägungen vorenthält, dann besteht wieder eine Diskussionsgrundlage. An dieser Stelle passt ein altes Sprichwort sehr gut: Man sollte nicht in die Hand beißen, die einen füttert!

Ich möchte an dieser Stelle aber deutlich machen, dass ich durchaus bereit bin, für eine gute Leistung auch angemessen zu bezahlen. Doch meine Ausführungen oben zeigen ein deutliches Missverhältnis zwischen der Leistungen der Musikindustrie und der dafür verlangten Bezahlung. Wie man es macht, zeigt z.B. das Musikportal AllofMP3.com. Als dieser Anbieter in Deutschland noch nicht geächtet war (Wahrscheinlich ist er in Ungnade gefallen, weil er es viel besser konnte, als die anderen Portale und dadurch Neid hervorrief.) habe ich dort für einige hundert Euro Musik heruntergeladen. Die Leistung stimmte, die Qualität der angebotenen Musik war in Ordnung (es waren stets sowohl aktuelle Titel als auch Oldies und Independant-Musik enthalten) und ich wurde keinerlei Zwängen (wie z.B. DRM) ausgesetzt. Hier war ich gerne bereit, mein Geld zu lassen.

Passend dazu auch die Widerlegung eines irrigen Arguments der Musikindustrie. Oftmals wird behauptet, wer Musik illegal bekommen kann, kauft keine CDs mehr. Falsch! Napster gab mir damals, als ein Filesharer noch nicht als Verbrecher hingestellt wurde, Gelegenheit, Musik kennenzulernen, die ich mir nie im Laden gekauft hätte. Durch den Download diverser Titel bin ich auf Interpreten aufmerksam geworden, von denen ich mir im Nachhinein ganze Sammlungen von CDs zugelegt habe. Da für mich die Präsentation eines Interpreten nicht unwichtig ist, bin ich auch an Booklets und Hintergrundinformationen interessiert. Deshalb habe ich mir CDs gekauft. Doch diesen Umsatz, liebe Musikindustrie, habt ihr Euch inzwischen verspielt.

Boykott als einziges Mittel

Das Verhalten der Musikindustrie lässt für mich nur eine einzige Konsequenz zu: Ich boykottiere sie. Ich werde weder irgendwelche CDs kaufen, noch mich bei Musikportalen anmelden, solange ich von der Musikindustrie nicht ernst genommen werde und diese nicht wieder auf den Boden der realistischen Tatsachen zurückgekommen ist (eine unrealistische Utopie, ich weiß). Andererseits werde ich diesen Herren aber auch keinerlei Angriffsfläche bieten, mir anderweitig, zum Beispiel per Abmahnung, Geld zu stehlen. Aus diesem Grund finden sich auf diesen Internetseiten auch keinerlei frei zugängliche Seiten, die meine Musiksammlung betreffen. Eine Unterstützung der Kampagne des Chaos Computer Clubs Deutschland versteht sich für mich von selbst, da deren Argumentation sich mit meiner deckt.

Meine Forderungen an die Musikindustrie
  • Abschaffung des DRM
  • Schaffung von Downloadportalen mit realistischen Preisen
  • Abschaffung der Ächtung von günstigeren ausländischen Anbietern und somit der Verhinderung von echtem Wettbewerb
  • Stopp der diffamierenden und polarisierenden Werbung, die File Sharer als Kriminelle hinstellt
  • Stopp der Verfolgung von Kindern und Jugendlichen. Kümmert Euch lieber um diejenigen, die mit illegalen Downloads Geld verdienen!
  • Veröffentlichung von Musik mit mehr Qualität und unter Berücksichtigung der Freunde von Musik aus den 60er, 70er und 80er Jahre, jedoch ohne immer wieder die gleichen Ohrwürmer neu sortiert aufzulegen
  • Und schließlich: KUNDENORIENTIERTES DENKEN! Profitmaximierung zum Gefallen der Aktionäre darf nicht mehr Maß aller Dinge sein! Denn wir Kunden sind es die das Geld ausgeben oder aber auch behalten können. Von uns lebt lebt die Musikindustrie! Und: Auch Freunde von anspruchsvoller Musik sind Kunden.

Eine Forderungsliste, die möglicherweise von fehlendem Realitätsbezug zeugen mag, doch ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass der gesunde Menschenverstand eines Tages doch siegt (vielleicht auch eine Utopie). Es bedarf nur eines starken neuen Vorstandes bei einem der großen Plattenlabel, der die Zeichen der Zeit und die Befindlichkeiten der Kunden erkennt und schon kann sich das Blatt schnell wenden. Wenn ein großer vormacht, wie es geht, ziehen die anderen bald nach. Doch dieser eine muss sich erst einmal finden.

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