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Jody Lynn Nye
Die Halle der Schläfer
Ziemliche schräge Phantasien, schrecklich übersetzt
An dieser Stelle sollte eigentlich das Cover des beschriebenen Buches abgebildet werden. Leider lässt dies unser deutsches Urheberrecht nicht zu. Daher müsst Ihr leider mit einem Symbolbild Vorlieb nehmen.

Das Fantasy-Genre bietet sowohl dem Leser, als auch dem Autor die Möglichkeit, seiner Phantasie völlig freien Lauf zu lassen. Und obwohl es praktisch keine Grenzen einzuhalten gilt, bewegen sich die meisten dieser Romane in weitgehend bekannten Gefilden. Magier, Ritter, Hexen, Gnome oder Drachen sind immer wiederkehrende Bestandteile.

Ganz anders hielt es hingegen die amerikanische Autorin Jody Lynn Nye. Mit »Die Halle der Schläfer« erweckt sie stattdessen eine nicht minder phantasievolle Traumwelt zum Leben und geht dabei einen völlig anderen Weg.

Die Autorin in Kürze

Jody Lynn Nye kam 1957 in Chicago, Illinois zur Welt. Zu ihrem Werk zählen rund 40 Romane (teilweise als Co-Autorin) und mehr als 100 Kurzgeschichten. Ihr Spezialgebiete ist das Science Fiction- und Fantasy-Genre, in dem sie mehrere Serien veröffentlichte. Das vorliegende Buch ist der erste (jedoch abgeschlossene) Teil der Traumland-Serie, die insgesamt drei Romane umfasst und zwischen 1998 und 2000 erschienen sind.

Das Traumland ist in Gefahr

Die Bewohner von Mnemosyne leben in einem Traumland. Ihre gesamte Existenz wird von den Schläfern erträumt, was den Alltag der Menschen aufgrund der ständigen Veränderungen, die die Träume der Schläfer mit sich bringen, nicht einfach macht. Doch sie haben sich damit arrangiert und sind zufrieden. Eines Tages kündigt Meister Brom, der oberste Forscher des Wissenschaftsministeriums, an, die Schläfer im Namen der Wissenschaft mit einem riesigen Wecker aufzuwecken. Obwohl König Byron ihm das Experiment untersagt, bricht Brom mit einer Gruppe Lehrlingen zur Halle der Schläfer auf. Roan, ein Vertrauter des Königs, macht sich mit eingen Soldaten und Freunden an die Verfolgung des Meisters. Sie wollen seinen Plan um jeden Preis vereiteln, denn es könnte das Ende des Traumlandes bedeuten.

Wenn die Phantasie mit einem durchgeht

Die Geschichte ist eigentlich ein klassischer Road Trip. Eine Gruppe wackerer Recken begibt sich auf eine gefährliche Reise, um die dunklen Pläne eines finsteren Bösewichts zu vereiteln. So weit, so bekannt. Doch was Jody Lynn Nye daraus macht, ist – vorsichtig ausgedrückt – gewöhnungsbedürftig. Sicher, der Gedanke, die gewohnten Fantasy-Pfade zu verlassen, ist überaus reizvoll und bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten. Mit den schrägen Ideen, die einem in diesem Roman jedoch dargeboten werden, muss man erst einmal warm werden. Da dienen Fahrräder als Fortbewegungsmittel, die aus Büroklammern gezüchtet wurden, sich wie Pferde verhalten und je nach Situation auch mal zu solchen – oder zu Motorrädern – werden. Da verwandeln sich Brieftauben bei der Ankunft beim Empfänger mal eben in Luftpolsterumschläge und Roans bester Freund Bergold ist mal ein Mensch, mal ein Kamel, mal eine Robbe. Und das sind nur einige Beispiele der völlig wirren Story.

Symbol Thema Fantasy

Die Verfolgung Broms hält sich hingegen an klassische Muster. Der Meister ist den Verfolgern immer einen Schritt voraus. Es gibt Spione, eine bildschöne Prinzessin, eine schrullige Zofe, tumbe Schläger und tapfere Soldaten. Die Helden geraten in gefährliche (wiederum aber völlig bizarre) Situationen, werden angegriffen, trotzen Wind, Wetter und riesigen, bedrohlichen Monster Trucks, um schließlich in einem chaotischen, komplett verrückten Showdown zu enden. Das Ganze wird zudem garniert mit einer kräftigen Portion Märchen, insbesondere dann, wenn Roan seine geliebte Prinzessin Leonore anschmachtet oder sich um sie sorgt, was ihn zu völlig blödsinnigen Handlungen veranlasst.

Das Schlimmste aber…

In all dem liegt sicherlich das Potenzial für eine unterhaltsame Geschichte. Vielleicht haben die verdrehten Ideen der Autorin ja für den einen oder anderen auch seinen ganz besonderen Reiz. Was einem allerdings den Spaß ziemlich verleidet, ist die in meinen Augen schreckliche Übersetzung des Buches durch Joachim Pente. Mir drängte sich ständig der Eindruck auf, Pente hätte mit aller Gewalt versucht, Worte zu verwenden, die man zwar aus dem Kontext verstand, deren wirkliche Bedeutung aber selbst der gebildete Leser zunächst nachschlagen muss. Zudem war man an vielen Stellen mit seltsamen Satzkonstruktionen und Wortneuschöpfungen konfrontiert, die dazu führten, dass man den Sinn eines Satzes oder ganzen Abschnittes erst nach mehrmaligem Lesen nachvollziehen konnte. Wäre das Buch für mich die Mühe wert, würde ich es sicherlich mal im Original lesen, nur um zu sehen, ob die Autorin einen ähnlichen Stil an den Tag legt.

Fazit

»Die Halle der Schläfer« von Jody Lynn Nye ist definitiv ein phantasievolles Buch, doch ist die Autorin mit ihren Ideen weit über das Ziel hinaus geschossen. Wer sich darauf einlässt, mag daran Vergnügen finden. Ich konnte mich mit diesem Mix aus Märchen, Fantasy und wirrem Road Trip nicht anfreunden. Was das Buch dann aber endgültig durchfallen lässt, ist die holprige und den Lesefluss ständig bremsende Übersetzung. Empfehlen kann ich den Roman eigentlich nur jenen, die sich mal auf völlig schräge Fantasy-Pfade begeben möchten und die bereit sind, dabei eine Menge Toleranz zu beweisen. Ich bleibe da doch lieber bei den klassischen Fantasy-Elementen.

Action
3/5
Anspruch
2/5
Suchtfaktor
2/5
Spannung
3/5
Mein Urteil
2/5

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