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Raymond F. Jones
Die Syntho-Menschen
Metapher für Fremdenhass im Hollywood-Gewand
An dieser Stelle sollte eigentlich das Cover des beschriebenen Buches abgebildet werden. Leider lässt dies unser deutsches Urheberrecht nicht zu. Daher müsst Ihr leider mit einem Symbolbild Vorlieb nehmen.

Es gibt Bücher, die sich geradezu als Filmstoff aufdrängen. Das liegt meist entweder daran, dass sie ein herausragendes visuelles Erlebnis versprechen, oder aber die Handlung läuft nach einem Schema ab, wie es Hollywood nicht besser hätte erfinden können. Zu dieser Gattung “Filmbücher” zählt auch der vorliegende Roman “Die Syntho-Menschen” von Raymond F. Jones.

Nur eingefleischten SF-Kennern bekannt

Es macht mir Spaß, immer mal wieder zu Werken von Autoren zu greifen, die – zumindest nach meinem begrenzten Wissen – ziemlich unbekannt sind. Raymond F. Jones dürfte wohl kaum jemandem außerhalb eingefleischter Science-Fiction-Kreise etwas sagen. Und doch ist auch in Deutschland eine Verfilmung seines bekanntesten Buches “This Island Earth” (Insel zwischen den Welten / 1952) zu bescheidenem Erfolg gelangt. Unter dem Titel “Metaluna IV antwortet nicht” lief in den 50er Jahren der trashige Streifen in den deutschen Kinos und wurde später regelmäßig im Fernsehen wiederholt. Jones kam 1915 in Salt Lake City, Utah, zu Welt und schuf neben dem erwähnten Roman eine ganze Reihe von Science-Fiction-Kurzgeschichten und -Bücher. Das vorliegende Buch “SYN” (Originaltitel) stammt aus dem Jahr 1969.

Die Angst vor dem Fremden

In “Die Syntho-Menschen” kehrt der Computerspezialist Arthur Zoran nach achtzehn Monate Außeneinsatz in einer fernen Erdkolonie wieder zur Erde zurück. Dort haben sich in der Zwischenzeit die Lebensumstände dramatisch verändert. Man hat während seiner Abwesenheit festgestellt, dass zahlreiche Menschen auf der Erde keine echte Menschen, sondern synthetisch erzeugte Lebewesen sind. Entdecken lassen sich die “Synthos” genannten Androiden ausschließlich durch Messung der Gehirnströme. Niemand weiß allerdings, wo die Synthos hergestellt werden und wer sie entworfen hat. Zoran macht sich auf die Suche nach dem Ursprung dieser Wesen und muss sich dabei in einer Welt aus Hass und Misstrauen zurechtfinden. Um sein Ziel zu erreichen, nutzt er seine Computerkenntnisse. Denn er ist sich sicher, dass die Lösung in der künstlichen Intelligenz eines hochentwickelten Computers liegt, den er betreut hat, bevor zur Kolonie aufbrach.

Gradlinig und berechenbar

Die Suche von Arthur Zoran nach der Herkunft der Syntho-Menschen verläuft im Grunde genau so, wie man es als Kenner einer Vielzahl von Hollywoodstreifen erwartet. Mit Versatzstücken, die teilweise aus den Tiefen der Klischeekiste stammen, hat Jones die Geschichte zu einer Odyssee zusammengesetzt, in der stets etwas Unwirkliches mitschwingt. Da gibt es die Geliebte von Zoran, die als Syntho entlarvt wird, den Bösen Syntho-Führer mit Weltherrschaftsambitionen, den Rebellenführer, der eigentlich ein gutes Herz hat und selbstverständlich die Hauptfigur, der es gelingt, aus allen Gefahren schadlos herauszukommen. Zwei Dinge stechen aber bei allem besonders hervor: 1. Zum einen ist es die durchweg düstere, heruntergekommene und von unendlichem Misstrauen geschwängerte Atmosphäre. Niemand traut seinen Mitmenschen mehr über den Weg, und sobald jemand auch nur den Anschein erweckt, anders zu sein, fällt ein blutrünstiger Mob über ihn her. 2. Zum anderen hat man es mit einem seltsam emotionslos agierenden Hauptcharakter zu tun. Egal in welcher Situation sich Arthur Zoran gerade befindet, als Leser hatte ich nie den Eindruck, es würde ihn sonderlich berühren. Nicht, als Rebellen seine Freunde umbringen und auch nicht, als ihm klar wird, dass er selbst nur noch wenig Minuten zu leben hat.

Symbol Thema Science Fiction

Stets nimmt er die Situation mit einer stoischen Gelassenheit hin. Somit bleibt die Figur Zorans seltsam oberflächlich, was die Identifikation des Lesers mit ihr arg erschwert. Umso deutlicher unterstreicht Jones allerdings die Auswirkungen der Syntho-Infiltration. Das mit tiefem Hass vermischte Misstrauen der Menschen macht sie blind. Synthos sind fremd, anders, man versteht sie nicht, weiß nicht, woher sie kommen und wieviele es von ihnen gibt. Etwas, das derart viele Rätsel aufgibt, kann nur schlecht sein und muss vernichtet werden. Und so verwandeln sich ganz gewöhnliche Menschen in Furien, sobald ihnen das Fremde zu nahe kommt.

Erst nach einer Weile wird dem Leser bewusst, wie sehr das von Jones beschrieben Verhalten auf unsere reale Welt übertragbar ist. Die Synthos stehen als Metapher für eine Vielzahl von Personengruppen, die wegen ihrer Andersartigkeit benachteiligt, verfolgt oder gar getötet werden. Ob es der allgegenwärtige Rassismus in vielen Ländern ist oder die Auseinandersetzungen von Anhängern unterschiedlicher Glaubensrichtungen, immer ist es das Fremde, das Ängste hervorruft und zu teilweise heftigen Abwehrreaktionen führt. Damit hat Jones in seinem Roman ein seit jeher brisantes Thema aufgegriffen und in eine futuristische Actionhandlung portiert. Konsequenterweise enthält auch der Schluss – der im Laufe der Geschichte zunehmend berechenbarer wird – die deutliche Botschaft, dass die Strippen letztendlich ganz andere ziehen.

Message mit dem Holzhammer

Die ehrbare Botschaft der Geschichte wird dem Leser mit dem actionbeschwerten Holzhammer beigebracht. Hollywood hätte seine Freude daran. Dennoch ist der Roman unterhaltsam und flüssig erzählt. Die Handlung wird konsequent vorangetrieben und so fällt es zunächst nicht so recht auf, dass es eigentlich um einen durchaus symbolträchtigen Konflikt geht. Immer wieder fühlt man sich an ein B-Movie erinnert. Einen großen Anteil daran hat die Hauptfigur, die bis zum Ende ziemlich farblos bleibt. Die Nebenakteure wirken hingegen teilweise arg überzeichnet. Auch die klaustrophobische Atmosphäre trägt zur Filmtauglichkeit bei, und so hat “Die Syntho-Menschen” zwar einen gewissen Unterhaltungswert, schafft es jedoch nicht, wirklich zu fesseln. Als leichte Kost zwischendurch kann der Roman aber nicht schaden.

Action
4/5
Anspruch
2/5
Spannung
3/5
Lesespaß
3/5
Mein Urteil
3/5

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