Ich sage es mal deutlich: Mir ist es scheißegal, ob da jetzt nur wieder eine Auseinandersetzung des Piraten-Vorstandes von der Presse hochgekocht wird, oder ob an dem Streit tatsächlich etwas dran ist. Ich weiß nur, dass solche Meldungen dafür sorgen, eine Akzeptanz für die Piratenpartei in der breiteren Bevölkerung erst gar nicht aufkommen zu lassen. Denn der wenig bis nicht interesserte Wähler möchte weichgespült werden. Und dieser Weichspülgang funktioniert bei den etablierten Parteien durch den Einsatz von unverständlichen Wortblasen, formelhaftem Normverhalten und austauschbaren Allerwelts-Spießergesichtern. Bei den Piraten hatte ich vor einem Jahr das Gefühl, hier wären es statt dessen Ehrlichkeit, Natürlichkeit und Offenheit. Letzteres entpuppt sich aber mehr und mehr als Bürde. Warum ist klar: Die Piraten haben es nach wie vor nicht geschafft, die breite Öffentlichkeit, einschließlich zumindest eines Teils der Presse, auf ihre Seite zu ziehen. Daher geifert die gemeine Schmonzette, ganz im Sinne der umsatzträchtigen Sensationsgier, weiterhin nach allem Negativen, dessen die Piraten fähig sind. Und da kommen die ausgelebten Pofilneurosen eines Herrn Ponader und eines Herrn Nerz (um nur die zwei aktuellsten Beispiele zu nennen) gerade recht. Wenn die sich nicht grün sind, geht gleich die ganze Partei in die Binsen. So sieht es die Presse und wenn denn nur genügend Blätter in den Tenor einstimmen, sieht es auch bald ganz Deutschland so.
Doch statt diesem Trend durch Besonnenheit und offene Worte der Akteure, ja durchaus auch nach interner Abstimmung, entgegen zu wirken, werden, wie nach der Landtagswahl in Niedersachsen, “Weiter so”-Parolen gedroschen, die immer mal wieder mit Schönfärberei garniert sind. So konnte es sich Bruno Kramm nicht verkneifen bei Twitter mit dem Statement “Das Tolle ist: Während die Medien sich auf BuVo Streit konzentrieren, können wir in Ruhe die Regierungsübernahme planen” seine Follower (also auch mich) zu beglücken. Ich finde die Arbeit von Bruno Kramm hervorragend und wichtig und sein Einsatz ist sicherlich beachtenswert, aber mit dieser Aussage hat er mich einfach wütend gemacht.
Ich bin kein Pirat, aber ich habe die Piraten in Niedersachsen gewählt. Ich war einer der 2,2 %. Und ich will verdammt nochmal endlich das zurück haben, weswegen ich vor einem Jahr sogar mal in Erwägung gezogen habe, der Partei beizutreten – einer Gruppe von ehrlichen, ungekünstelten Leuten mit glaubwürdigem, natürlichem Auftreten, die die Themen stets aus der menschlichen Sicht angehen. Irgendwo im Piraten-Programm steht, dass bei allen Entscheidungen der Mensch im Vordergrund stehen soll. Das scheinen aber einige Piraten völlig falsch verstanden zu haben.
Während eines Piraten-Stammtisches habe ich mal den Begriff “Karrieristen” aufgeschnappt. Liebe Piraten, ich will solche Leute nicht. Davon haben wir in der etablierten Politik bereits mehr als genug. Und ich will diese Negativpresse nicht mehr hören. Denn ich weiß ganz genau, dass es dann wieder nichts wird mit den 5 % im September. Macht endlich wieder die ehrliche Politik, die Euch noch vor einem Jahr soviel Sympathie (auch meine) gebracht hat und lasst die kindische Zankerei. Auf so etwas kann man keine Politik aufbauen, auch wenn es lediglich eine von der Presse zum Gezänk aufgebauschte Diskussion sein mag. Dann müsst Ihr halt zurückschießen – gemeinsam und nicht ein Herr Nerz anders als ein Herr Ponader und der anders als ein Herr Kramm. Wenn Ihr das auf die Reihe bekommt, dann bin ich auch im September wieder auf Eurer Seite. Doch wenn ich ehrlich bin, mir fehlt im Moment der Glaube daran. Und das ist angesichts der praktisch nicht vorhandenen Alternativen sehr, sehr schade!